Steuerrechtsänderungen: Das ändert sich in 2018/2019

Interview mit Till Hannig, Partner bei PricewaterhouseCoopers (PwC)

Till Hannig, verantwortet als Partner bei PricewaterhouseCoopers (PwC) die Steuer- und Rechtsberatung von Versicherungsunternehmen in Deutschland. Zuvor war er mehrere Jahre beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), zuletzt als Leiter der Abteilung Steuern, u.a. für Fragen der Besteuerung von Kapitalanlagen, der Produktbesteuerung sowie der Verkehrssteuern zuständig.

Herr Hannig, wie wichtig sind eigentlich Steuern für Versicherungsunternehmen?

Steuern sind für Versicherungsunternehmen immer in zweierlei Hinsicht sehr wichtig. Einmal aus Sicht des Versicherers selbst. Hier stellt sich insbesondere die Frage, wie hoch die Steuerbelastung des Versicherungsunternehmens ist. Steuern bestimmen letzten Endes die Höhe des Gewinns und beeinflussen damit etwa bei Aktiengesellschaften unmittelbar die möglichen Dividendenzahlungen an die Aktionäre. Zum anderen sind Steuern aber auch ein wichtiger Aspekt für die von den Versicherern angebotenen Produkte. Steuerrechtlich stellen sich hier in der Regel zwei Kernfragen: 1. Wie werden die Prämienzahlungen steuerlich behandelt? Und 2. ob, und wenn ja, wie werden die Leistungen aus einer Versicherung besteuert? 

Welche wichtigen Steuerthemen für die Versicherungswirtschaft erwarten Sie in den nächsten zwei Jahren?

In den kommenden Jahren steht einiges an: Bei der Besteuerung von Versicherungsunternehmen ist vor allem die Reform des § 21 Körperschaftsteuergesetz zu nennen. Bei der grundlegenden Reform geht es darum, die bestehende, aber veraltete Regelung zur steuerlichen Anerkennung von Beitragsrückerstattungen an die aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen anzupassen. Hier sind wir auf einem guten Weg und es wird aller Voraussicht nach in 2018 ein entsprechendes Gesetzgebungsverfahren geben. 

Was ist noch zu erwarten?

Dann stehen weiterhin verschiedene Aussagen der Finanzverwaltung zur Investmentsteuerreform aus. Obwohl die neuen Regelungen bereits ab 1. Januar 2018 gelten, sind unverändert noch viele praktische Anwendungsfragen offen. Diese betreffen dabei sowohl die Besteuerung der Kapitalanlagen der Versicherungsunternehmen als auch die Besteuerung von Lebensversicherungsverträgen. Bei der Altersvorsorgebesteuerung darf man gespannt sein, was der Gesetzgeber vorhat. Hier könnte es insbesondere mit Blick auf die Riester-Rente interessante Entwicklungen geben. Neuerungen erwarten wir aber auch ggf. im Bereich der Versicherung- und Feuerschutzsteuer. Hier könnte es Neuerungen bei den Regelungen zur Risikobelegenheit und zu den Steuerbefreiungen geben. Mit Blick auf die Umsatzsteuer könnte es zu Verbesserungen bei der Anerkennung von Organschaften kommen. Zudem dürfte es bei der Umsatzsteuer sicherlich auch um Fragen der einzelnen Befreiungstatbestände gehen.   

 

Sind auch neue steuerliche Impulse aus Brüssel zu erwarten?

Ja, in der Tat. Besonders spannend ist der von der EU-Kommission vor kurzem vorgelegte Vorschlag für eine Besteuerung der „Digitalwirtschaft“. Wichtig sind hier die möglichen Auswirkungen auf die neuen, d.h. digitalen Geschäftsmodelle der Versicherungswirtschaft. Sehr praxisrelevant ist zudem die von der EU beabsichtigte Einführung einer Meldepflicht von sog. grenzüberschreitenden Steuermodellen. Zwar weiß man hier noch nicht sicher, was konkret unter einem „Steuermodell“ tatsächlich verstanden werden soll, aber auch hier wird man ebenso etwaige Auswirkungen auf die Versicherungsunternehmen genau analysieren und die weiteren gesetzgeberischen Entwicklungen in Deutschland beobachten müssen.

Das hört sich ja alles sehr speziell an! Sind die angesprochenen Themen nur etwas für Steuerexperten?

Zugegeben, Steuerrecht ist eigentlich etwas für echte „Liebhaber“ der Materie. Was wir aber tatsächlich zunehmend feststellen ist, dass Steuerthemen fach- und damit bereichsübergreifend in den Versicherungsunternehmen angegangen werden. Die Herausforderungen werden hier immer komplexer. Ein gutes Beispiel der Vergangenheit ist die Investmentsteuerreform. Hier haben wir mit Blick auf die Umsetzungsprojekte in den Versicherungsunternehmen interdisziplinäre Teams bestehend aus Steuerexperten, aber auch Versicherungsrechtlern, Kapitalanlegern, Mathematikern, Produktentwicklern und auch Vertrieblern gesehen.

 

Was raten Sie Mitarbeitern in den Versicherungswirtschaft, vielleicht auch denen, die nur am Rande mit Steuern zu tun haben?

Sich immer auf den aktuellen Stand der neuesten steuerlichen Entwicklungen halten und Steuern in der täglichen Praxis immer mitdenken! Letztlich ist doch immer stärker ein vernetztes Denken gefordert. Eine möglichst vorausschauende und damit effiziente Umsetzung steuerlicher Vorgaben kann dabei ein wichtiger Wettbewerbsvorteil sein. 

Die Tagungen im Überblick

Um rechtzeitig die neuesten steuerlichen Entwicklungen mitzubekommen, bietet die DVA in Kooperation mit dem GDV die jährlichen Steuerfachtagungen an; auch und gerade für Nicht-Steuerexperten. Zu jedem der vorhin genannten Themenbereiche hat sich in den letzten Jahren eine eigene Seminarreihe herausgebildet. Je nach Interessen- bzw. Tätigkeitsschwerpunkt kann man sich an einem Tag im Jahr komprimiert auf den aktuellen Stand zur nationalen bzw. internationalen Rechtsetzung, Rechtsprechung und zu den Verwaltungsanweisungen bringen lassen.